In dem im südlichen Teil der Gemeinde Kerken gelegenen Ortsteil Stenden geht es in der Regel - besonders an Wochenenden - eher beschaulich zu. Ganz anders stellte sich die Situation am Samstag, den 24. März 2014, dar, als die Kerkener Jugendfeuerwehr mit ihren Kameradinnen und Kameraden aus Kempen, Wachtendonk und Venlo an einer gemeinsamen Großübung teilnahm. In der ehemaligen Hotelanlage Via Stenden war es - so das Szenario - zu einer Verpuffung gekommen, die eine starke Rauchentwicklung auslöste und zahlreiche Verletzte zur Folge hatte.
Nachwuchs probt für den Ernstfall
Das ehemalige Hotel Via Stenden wurde am Samstag Schauplatz einer groß angelegten Feuerwehrübung. Insgesamt 80 Jugendliche aus Kerken, Kempen, Wachtendonk und Venlo arbeiteten zusammen. Statisten waren auch vor Ort.
VON BIANCA MOKWA
Stenden Ausnahmezustand im längstes Straßendorf Nordrhein-Westfalens. Laut schrillen Martinshörner durch Stenden, Einsatzfahrzeuge aus Kerken, aber auch aus den benachbarten Niederlanden, rasen durch das Dorf. Aus dem ehemaligen Hotel Via Stenden dringt Rauch.
„Hier hat eine Explosion stattgefunden mit Brandentwicklung im Wohnbereich“, schildert der stellvertretende Leiter der Feuerwehr Kerken, Peter Krings, in knappen Worten die Schadenslage. Dabei handelt es sich zum Glück nur um eine Übung für die Jugendfeuerwehren Kerken, Kempen, Wachtendonk. Die Jugendbrandweer Venlo ist auch mit dabei. Denn im grenznahen Bereich kann es bei den Erwachsenen durchaus vorkommen, dass Hilfe aus dem Nachbarland angefordert wird.
Angesprochen auf Sprachprobleme schüttelt der zwölfjährige Niklas nur verständnislos den Kopf. „Die wohnen doch an der Grenze. Die sprechen halt Deutsch.“ Nicht so ganz. Zumindest Kim van Baar tut sich mit Deutsch noch schwer. Die 17-Jährige ist die Gruppenführerin der Jugendbrandweer Venlo. Tatsächlich spielt bei dem eigentlichen Einsatz die Sprache keine Rolle mehr. „Komm Jonges“, sagt Kim mit fester Stimme. Ein Junge der Jugendfeuerwehr Kerken schiebt einen schweren Blumenkübel vor die Verbindungstür, die zu den Zimmern 201 bis 216 führt. Es qualmt gewaltig. Die Nebelmaschine hat ganze Arbeit geleistet. Hilfeschreie sind zu hören. Jugendliche des ATV und Verwandte der Feuerwehrleute haben sich mit Kunstblut schminken lassen und spielen die Opfer. Michael Grönheim von Intellexi, der Schulungen für Rettungspersonal durchführt, lobt das Vorgehen der Jugendlichen. „Absolut handlungsorientiert, da wird einfach angepackt.“ Statt lange auf eine Tragebahre zu warten, tragen die Nachwuchsfeuerwehrleute die „Verletzten“ in Bettüchern und auf Sofas raus. „Die sind vielleicht ein stückweit kreativer, weil sie noch nicht so feste Strukturen im Kopf haben, wie die Erwachsenen“, sagt Grönheim.
Die festen Strukturen führten allerdings in der Anfangsphase dazu, dass die Jugendlichen sich erst einmal sortieren mussten. Auch der Anblick von fast echt aussehenden Blutungen und Brandwunden machten einigen Nachwuchsfeuerwehrmännern zu schaffen. „Als Erwachsener kommt man mit so etwas schneller klar als ein Jugendlicher, der so etwas noch nie gesehen hat“, urteilt Krings. Der stellvertretende Leiter der Jugendfeuerwehr Kerken war dennoch voll des Lobes. „Das wäre auch eine Übung für Erwachsene gewesen.“ Gemeindebrandinspektor Oliver Käfer war froh, Via Stenden als Übungsplatz gehabt zu haben. Denn demnächst soll das ehemalige Hotel bekanntermaßen Asylsuchenden eine neue Heimat bieten. „Es ist gut, dass wir Führungskräfte uns das schon einmal von innen angucken konnten“, sagt Käfer. Die Feuerwehr nahm übrigens ganz klar Stellung zu den rechtsradikalen Schmierereien. „Braun geht gar nicht“, war dort auf einem Plakat der Jugendfeuerwehr zu lesen.
Publikation Rheinische Post Verlagsgesellschaft mbH
Lokalausgabe Rheinische Post Geldern
Erscheinungstag Montag, den 24. März 2014
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