70 Millionen Kilowattstunden Strom produzieren die neuen Windräder im Kerkener Gemeindegebiet zukünftig jedes Jahr. Die 6.500 Haushalte in Kerken werden damit mehrfach klimaneutral gestellt, weil die Anlagen Strom für über 20.000 Haushalte erzeugen. Über neun Jahre wurde das Großprojekt geplant und vorbereitet.
Stromproduktion beginnt im Juni
Kerkener Windpark wächst in die Höhe
Auf der Baustelle in Poelyck geht es in diesen Tagen schnell voran. Foto: Evers, Gottfried (eve)
Kerken. Derzeit sind sieben neue Windenergie-Anlagen zwischen Eyll und Poelyck im Bau. Die Gemeinde und die Bürger sollen am wirtschaftlichen Erfolg beteiligt werden — über eine Stiftung und Geldanlagemöglichkeiten.
Zwischen Eyll und Poelyck wachsen die Windräder in die Höhe. Dort entstehen aktuell sieben neue Windenergie-Anlagen auf ausgewiesenem Vorranggebiet. Die erste Anlage in Poelyck ist fertig und sollte eigentlich schon Strom erzeugen, doch noch fehlt die Anbindung zum Stromnetz. Theo Leurs: „Ab Juni wird sie laufen.“ Wenn alle Anlagen in Kerken ans Netz gehen, werden sie jedes Jahr rund 70 Millionen Kilowattstunden Strom erzeugen. „Damit können wir rund 20.000 Drei-Personen-Haushalte klimaneutral stellen. Das sind mehr als alle Kerkener Haushalte zusammen“, sagt Milan Nitzschke, Geschäftsführer von SL Natur-Energie. Die Unternehmensgruppe aus Gladbeck, die auch die Bauausführung der Anlagen übernimmt, wird den Windpark gemeinsam mit den ortsansässigen Bürgerenergiegesellschaften Bürgerwind Kerken-Poelyck UG & Co. KG, der Bürgerwind Kerken UG & Co. KG sowie der SL Windpark Kerken-Eyll GmbH & Co.KG, betreiben.
Es war ein langer Weg bis zum Bau der Anlagen. Seit 2009 befassen sich örtliche Landwirte als Investoren damit, seit 2012 auch die politischen Gremien der Gemeinde Kerken. „Wer ein Windrad bauen will, muss jung und gesund ein“, blickt Wilfried Oestrich schmunzelnd auf diese lange Zeit zurück.
Bürgermeister Dirk Möcking (zw. v.r.) informiert sich vor Ort über den Stand der Arbeiten. Foto: Evers, Gottfried (eve)
„An der Politik hat es nicht gelegen. In Rat und Verwaltung standen alle dahinter, alle Beschlüsse wurden einstimmig gefasst“, blickt Bürgermeister Dirk Möcking auf die Entwicklung zurück.
Dass die Anlagen nicht immer auf Begeisterung stoßen, weiß auch Milan Nitzschke. „Man kann nicht daran vorbeigucken und auch, wenn wir hier die neuste Technik einsetzen, man wird auch etwas hören“, sagt der Windkraftexperte, dessen Unternehmen in ganz Nordrhein-Westfalen Windenergie- und Photovoltaikanlagen baut und betreibt.
Zur Unternehmensgruppe gehören mehr als 170 Energieanlagen mit über 350 Megawatt Leistung. Daher wolle man den Bürgern auch etwas zurückgeben, zusätzlich zu den Gewerbesteuerzahlungen.
Das passiert auf zwei Wegen. Zum einen werden die drei Gesellschaften aus ihren Gewinnen in eine Stiftung einzahlen, die dann Vereine und Institutionen regelmäßig unterstützen, so wie man es in der Nachbargemeinde Issum bereits bei der Bürgerwind-Stiftung oder auch in Kevelaer und Weeze beobachten kann. Die Bürger können sich aber auch finanziell beteiligen. Im Juni sollen die Details vorgestellt werden, unter welchen Bedingungen Kerkener bei den Gesellschaften Geld anlegen und von einer Verzinsung von fünf Prozent profitieren können.
Auch die Gemeinde Kerken kann sich mit einer Investition an dem Windpark beteiligen. Im Gespräch ist eine Summe von 500.000 Euro. In der jüngsten Ratssitzung gab es noch einige Nachfragen dazu, so dass sie noch nicht beschlossen worden ist. Die Beteiligung soll im Rahmen eines sogenannten Nachrangdarlehens erfolgen, auf das von den Windparkbetreibern über die gesamte geplante Betriebszeit von 20 Jahren feste Zinsen gezahlt werden.
Das Modell sei von SL Natur-Energie konzipiert worden, um möglichst viel Wertschöpfung der Windkraftanlagen direkt vor Ort zu belassen, so das Unternehmen. „Wenn eine Gemeinde sich dem Klimaschutz verpflichtet und Raum für Windenergieanlagen schafft, soll sie davon auch direkt profitieren können“, sagt Milan Nitzschke. Gleiches gelte auch für die Bürgerinnen und Bürger, in deren Nähe die Anlagen errichtet werden. Entsprechend sei geplant, im Laufe des Junis auch für Privatpersonen mit Wohnsitz in Kerken eine Beteiligung nach gleichem Muster anzubieten.
Quelle:
Rheinische Post Verlagsgesellschaft
Ausgabe Gelderland
Samstag, den 15. Mai 2021